Ravensburg / sz - Wald? Das ist dort, wo Bäume drinstehen und Rehe rauskommen. Diese Schülererklärung ist richtig, aber nicht vollständig. Wald ist auch die grüne Lunge, die der Mensch zum Atmen braucht, und er ist ein Wirtschaftsfaktor. Letzterer sogar so bedeutend, dass die bestehende Forststruktur daran kaputtgeht. Schuld daran ist eine Entscheidung des Kartellamtes, das die Einheitsforstämter im Land als Wettbewerbsbremser sieht.
Die Einheitsforstämter würden in der Holzvermarktung zu stark auf Großkunden abzielen, befand das Kartellamt. Eine Sichtweise, die auch Klein-Sägewerksbesitzer teilten und 2008 Klage führten, dass sie bei derlei Geschäftsgebaren nicht mehr ausreichende Holzmengen geliefert bekämen. Am deutlichsten zeigt sich dies beim Fichtenholz.
Fichte ist gefragt
„Fichte ist momentan das gefragteste Holz“, sagt auch Marijan Gogic. Großkunden und der internationale Markt ziehen hier ordentlich ab, die kleinen Händler und Säger bleiben manchmal auf der Strecke. Trotzdem behauptet der Ravensburger Kreisförster, dass das Einheitsforstamt wie es in Baden-Württemberg vor zehn Jahren eingeführt wurde und jetzt wieder zerschlagen werden soll, optimal war. „Doch darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren“, die Änderung kommt 2016, das Kartellamt hat es so verfügt, sagt Gogic. Darum geht es in der Forstverwaltung jetzt nicht ums Warum, sondern wie die Kartellamtsvorgaben umgesetzt werden.
Im Moment betreuen die in Baden-Württmberg bei den Landkreisen angesiedelten Einheitsforstämter Staats-, Kleinprivat- und Kommunalwälder, im Kreis Ravensburg zusammen rund 30000 Hektar. Für die Zukunft ist angedacht, dass der Staatswald (im Kreis sind dies 11000 Hektar) aus diesem Konstrukt herausgelöst in einem eigenen Staatsforstbetrieb zusammengefasst wird, die Körperschafts- und Privatwälder unter Landkreisregie bleiben. Das hieße dann aber, dass zwar ein Drittel der Holzmengen, aber weniger als ein Drittel des Personals und weniger als ein Drittel der Kosten zum Land wandern. Denn der Arbeits- und Verwaltungsaufwand für den kleinstrukturierten Privatwald ist deutlich höher als für die großen Staatsparzellen. Entsprechend werden die Rechnungen vom Forstamt künftig höher ausfallen müssen. Verlierer der Reform dürften also die Kleinwaldbesitzer sein.
Um wie viel höher, kann Gogic heute nicht sagen. Denn es geht nicht nur drum, den Staatsforst auszukoppeln, sondern auch darum, Wirtschaftseinheiten an zusammenhängenden Waldgebieten und nicht an Gemarkungsgrenzen auszurichten. Mit anderen Worten: Das klassische Kreisforstamt nach altem Zuschnitt wird es nicht mehr geben. In der Folge werden sich Betriebsgrößen ändern und das Personalkarussell wird sich drehen. Im Augenblick gibt es im Ravensburger Forstamt 26 Beamte, drei Förster im höheren Dienst und zusammengerechnet elf Vollzeitstellen. Entlassungen wird es durch die Reform wohl nicht geben, aber wo der einzelne Forst-Bedienstete letztendlich 2016 seinen Arbeitsplatz haben wird? Der Kreisförster zuckt mit dem Schultern. Es sind noch zu viele Fragen offen. In der einen oder anderen soll eine Arbeitsgruppe aus Forst, Bauernverband und Kommunalvertretern,die im September tagt, weiterhelfen.
Der Kreis Ravensburg ist zu 38 Prozent bewaldet. Der Forst betreut hier 48000 Hektar Waldfläche, davon sind 11000 Hektar Staats-, 15000 Hektar Kleinprivat- und 5000 Hektar kommunaler Wald. 2700 Kleinbetriebe haben Waldflächen bis zu einem Hektar Größe, 2300 bewirtschaften Flächen bis zu fünf Hektar, weitere 700 Betriebe Flächen bis zu zehn Hektar. Großwaldbesitz, der in Eigenregie betreut wird, gibt es 17000 Hektar. Der Kleinprivatwald hat einen Nadelholzanteil von 80 Prozent,65 Prozent davon sind Fichten. Holz vermarktet das Forstamt (noch) etwa 250000 Festmeter im Jahr, davon100000 aus dem Staatsforst und verkauft etwa 25000 Festmeter Brennholz zu Preisen, die mit über 80 Euro derzeit so hoch sind wie nie zuvor..