Ravensburg / sz - Während die Gastronomie in Ravensburg rund um den Marienplatz blüht, stehen in der Unterstadt einige Restaurants derzeit leer oder werden umgebaut. Das Barbarossa, das Gässelin und der Jennerwein sind Beispiele dafür. In dem Gebäude der ehemaligen Pizzeria in der Charlottenstraße sollen sogar Wohnungen entstehen. Ein entsprechender Bauantrag liegt der Stadt vor.
Vor allem die steigenden Kosten – darunter auch horrende Pachtsummen – brechen den Wirten das Genick. Ihnen bleiben von einem Euro Umsatz oft nur acht Cent Gewinn. "Davon kann man nicht leben", meint ein Ex-Pächter, der lieber anonym bleiben möchte. Er sei damals "blauäugig in die Gastronomieszene reingestolpert". Er glaubt, dass es vielen so gehe, die mit zu viel Idealismus an die Sache herangehen. "Irgendwann kommt dann das böse Erwachen", so der ehemalige Wirt. Seiner Meinung nach ist die Lage in der Unterstadt einfach wenig attraktiv: Es sei dort zu schattig und es gebe zu wenig öffentliche Parkmöglichkeiten. Und wenn man dann noch an Vermieter gerate, die unbezahlbare Pachtpreise verlangen, sei das Ende schnell nahe. "Ich habe daraus gelernt, alles zu hinterfragen und das nächste Mal vorher mit Fachverbänden und Vormietern zu sprechen", sagt der Ex-Pächter.
Auch vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Baden-Württemberg ist zu hören, dass die Gastro-Szene abseits vom Marienplatz so ihre Probleme hat. Mehr als 80 Gastronomiebetriebe gibt es in der Altstadt. Aber besonders die Unterstadt wird als Stiefkind wahrgenommen. "Die reine Schank- und Speisewirtschaft hat es hier schwer, Gewinne zu erzielen", sagt Bernd Dahringer, Dehoga-Geschäftsführer in der Geschäftsstelle Ravensburg. Kurioserweise liegen die florierenden und die gescheiterten Betriebe oft nur einen Katzensprung voneinander entfernt. "Man muss nur ein paar Meter gehen, und schon ist man statt in einer 1-A- in einer 1-B- oder 1-C-Lage", so Dahringer.
Schaut man sich die wirtschaftliche Belastung für die Gaststätten an, dann lässt sich laut Dehoga folgende Rechnung anstellen: Zwischen acht und zwölf Prozent des Netto-Umsatzes gehen für die Pacht drauf. Zwischen 25 und 30 Prozent machen die Kosten für die eingekauften Waren aus. Ebenfalls ein Drittel muss für die Bezahlung des Personals eingerechnet werden. Hinzu kommen die Energiekosten, die mit sechs Prozent zu Buche schlagen. Bezieht man ferner sonstige Kosten, wie beispielsweise für Versicherungen, Büro oder Leasing mit ein, dann bleibt den Wirten noch ein Gewinn von acht bis 16 Prozent – und der muss noch versteuert werden.
Die Preise zu erhöhen, ist allerdings keine Lösung. "Dann bleiben die Gäste weg", gibt Dahringer vom Dehoga zu bedenken. Er meint, dass der Kostendruck auch zukünftig auf den Gastronomen lasten werde. Zumal mit dem Mindestlohn oder der Allergen-Kennzeichnung eine Menge Bürokratie auf sie zukommen werde. "Wirte sind Handwerker, keine Schreibtischtäter. Wie sollen die das stemmen?", fragt Dahringer.
Nachfolger schwer zu finden
Vor dem, was da an Arbeit auf sie zukommt, hat die Culina GbR aus Friedrichshafen keine Angst. Das Unternehmen, das den Rechtsanwälten Reinhard Klumpp und Klaus Baldauf gehört, ist der neue Pächter im Barbarossa. In rund zwei Wochen soll die Gaststätte in neuem Glanz erstrahlen. Derzeit wird noch renoviert. Auf die Frage, was ihn dazu bewogen habe, das Barbarossa zu übernehmen, sagt Reinhard Klumpp: "Das Barbarossa ist eine Institution. Das kennt jeder." Die Culina GbR hat ihre Finger auch bei anderen Gastro-Projekten im Spiel. Zu ihr gehören mehrere Restaurants in Friedrichshafen sowie das derzeit entstehende Farny-Hotel in Kißlegg.
Die Brauerei Leibinger, die das Barbarossa verpachtet, musste länger nach einem neuen Mieter suchen. Seit Mitte Februar steht die Gaststätte in der Rosenstraße nämlich leer. "Wir hätten nicht gedacht, dass die Suche so langwierig wird", gesteht Dieter Holdschuer, Vertriebsleiter bei Leibinger. Er ist der Auffassung, dass die Gastronomie schwieriger geworden sei – auch weil die Gäste ausbleiben. "Früher hat man sich nach dem Feierabend noch auf ein Bier getroffen", sagt Holdschuer. Heute hingegen verbringe man seine Freizeit anders: zum Beispiel mit Sport oder einfach zu Hause.