Ravensburg / sz - Im Hirschgraben treffen sie sich alle: Punks, Schüler, Studenten. Jetzt kamen dort auch die Streetworker von der "Arkade" um Jörg Sick mit dem "Zirkustreff Ravensburg" zusammen, um auf sich aufmerksam zu machen. Präsenz, die dringend gebraucht wird. Denn nicht immer ging es in der Vergangenheit in der Ravensburger Grünanlage ruhig und friedlich zu.
"Es ist immer Bedarf da", sagt Streetworker Florian Nägele. Die mobile Jugendarbeit, auch "Streetwork" genannt, versucht Jugendlichen, die mit Alkohol, Drogen oder Kriminalität Probleme haben, individuelle Hilfe in ihrem Alltag zu bieten. Mit Erfolg, wie die Streetworker erzählen. Über Anwälte, die Jugendgerichtshilfe, aber oft auch Freunde werden den Streetworkern Kontakte geliefert.
"Oft kommen die Jugendlichen selbst auf uns zu", so Florian Nägele weiter. Ist ein erster Kontakt hergestellt, gilt es vor allem, das Vetrauen der Jugendlichen zu gewinnen. "Wenn ich den jungen Leuten als Moralapostel gegenübertrete, blocken sie ab. Also begegne ich ihnen offen und wertfrei", erklärt Streetworker Florian weiter, so erziele man die größten Erfolge und die Jugendlichen würden sich öffnen.
Schritt für Schritt wird versucht, den Jugendlichen in einen normalen Alltag zu verhelfen. Ein Beispiel dafür ist die Aktion "Hilfe hilft helfen", die in Kooperation mit der St. Gallus Hilfe Jugendliche mit unterschiedlichen Problemen etwa als Umzugshelfer einstellt, wofür sie eine Aufwandsentschädigung bekommen. Sie lernen, Verpflichtungen eingehen und einzuhalten, werden durch Arbeit motiviert und erfahren Wertschätzung. "Alles Dinge, die ihnen komplett neu sind", merkt Nägele an.
Dies sei auch das Ziel des Treffs im Hirschgraben, sagt Alexander Roß, Leiter des "Zirkustreff Ravensburg". "Durch Zirkus zeige ich den Leuten neue Möglichkeiten, jeder kann mitmachen und sich beschäftigen", sagt er. Sein Angebot komme sehr gut an, die Leute seien interessiert. Im Idealfall würden die Jugendlichen wichtige Eigenschaften wie Konzentration und Kontinuität erlernen und beginnen, diese auch auf Alltagsbereiche zu übertragen, sagt der Zirkusgruppenleiter.
Bier trinken und jonglieren
Es ist bekannt, dass der Ravensburger Hirschgraben oft zum Trinken genutzt wird. "Das greifen wir auf und zeigen den jungen Leuten: Hey, ihr dürft hier ein Bier trinken, aber ihr könnt euch auch noch anders beschäftigen. Ihr könnt Frisbee spielen oder Jonglieren lernen, man kann auch anders Spaß haben", erklärt Sick. Zusammen mit Kollegin Claudia Derichs fungiert er sowohl in Ravensburg als auch in Friedrichshafen als Streetworker und hofft darauf, dass Angebote wie diese in Zukunft mehr genutzt werden.
In Ravensburg braucht es offenbar noch etwas, bis die Angebote wahrgenommen werden: Beim "Zirkustreff" verlor sich nur eine handvoll Interessierter im Hirschgraben.