Ravensburg / sz - Ein Paukenschlag im Gerichtssaal: Nachdem die Staatsanwaltschaft in der Anklage wegen schwerer räuberischer Erpressung auf Freispruch plädierte, verurteilte das Landgericht Ravensburg am Montag den Angeklagten wegen dieser Straftat zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe.
Zusammen mit begangenen Betrügereien im Internethandel und der noch offenen Haftstrafe vom Amtsgericht Biberach verhängte Vorsitzender Richter Stefan Maier eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Verurteilt wurde ein 30-jähriger Mann aus Baienfurt wegen eines bewaffneten Raubüberfall auf den Penny-Markt in Baienfurt am 15. Oktober 2013. Ein langes Vorstrafenregister sowie ein Bewährungsrückruf beeinflussten das hohe Strafmaß zusätzlich.
"Es gab selten eine so außergewöhnliche Fülle von Sachbeweisen (nicht nur von Indizien), sodass das Gericht zu der Gesamtbewertung kommen musste: Ja, der Angeklagte war es", so lautete der Eingangssatz in der Urteilsbegründung des Gerichts. Stefan Maier widersprach im weiteren Verlauf vielen Darstellungen von Anwalt Uwe Rung. So sei der Schuhabdruck in einem Nichtkundenbereich des Marktes sowie die von der überfallenen Verkäuferin gemachten Angaben zu den Schuhen des Räubers schon ein starker Beweis.
Auch die getragene Maske des Räubers wurde von ihr mit auffälligen Details beschrieben, es ergab sich sogar ein emotionaler Erkennungswert im Vergleich mit einem Foto des auf dem PC des Täters gefundenen Bildes. Den gleichen Sachstand ergab die Zeugenaussage der überfallenen Frau mit einer sehr genau beschriebenen Waffe, auch hiervon hatte der Täter Bilder auf seinem Laptop gespeichert. Ebenfalls passte die Angabe bezüglich der Größe, Statur und Sprache zum Täterbild.
Ein nicht bestreitbarer Volltreffer war eine DNA-Analyse der an einer Bachbrücke gefundenen Latex-Handschuhe. Doch das Gericht übernahm die These des Angeklagten nicht. Er outete sich ja als Umwelt-sünder, in dieser Rolle habe er bestimmt in seinem Leben 200 Handschuhe wahllos der Natur übergeben. Da er jedoch als Tätowierer nur bei etwa sechs Personen mit solchen Handschuhen tätig war, überzeugte auch dieses Argument nicht. Für das Gericht ist es schlüssig, dass der Angeklagte nach dem Überfall am späten Abend zu Fuß flüchtete.
Internetbetrug und Raubüberfall
Da er weder Führerschein noch Auto habe, komme hier nur der wenige Hundert Meter lange Fußweg mit Überquerung der Wolfegger-Ach-Brücke bis zur Wohnung des Täters in Betracht. Die am Tag nach dem Überfall sichergestellten Handschuhe deuteten auf eine nur kurze Wegwerfzeit hin.
Richter Maier sah auch in der Anklage wegen betrügerischen Internethandels Zusammenhänge zum Raubüberfall. Diese Betrugsmasche begann der Angeklagte im Mai 2013, nachdem es bei einem Einbruch nur zu einer Beute von 100 Euro kam. Nach dem begangenen Überfall auf den Penny-Markt pausierte der Verurteilte zwei Monate mit den Betrügereien im Internethandel. "In dieser Zeit konnte der Raubüberfall-Täter ja von den erbeuteten 1240 Euro leben", so der Kommentar des Richters. Ebenso passen das im Internet bestellte Springmesser, der Teleskop-Schlagstock sowie ein Pfefferspray in das Szenario eines Überfalls.
Letztlich ließ das Gericht auch das Alibi einer Freundin platzen. Hier kam es zu unterschiedlichen Zeugenaussagen. Während die Alibifrau davon sprach, dass es schon am Morgen des Tattages zum Zerwürfnis mit ihrem Freund gekommen war, sprach dieser aber von einem Streit am Nachmittag und Abend. Nach diesem Beziehungsende soll der Angeklagte zu einem "Ausheulbesuch" gebeten worden sein.
Auch die Geschichte mit dem Tagebuch der jungen Frau konnte nicht überzeugen, so stand hier überhaupt nichts von dem sogar eine ganze Nacht lang dauernden "Trösten" des angeblich so wichtigen Besuchs. Der schon viele Male vor Gericht gestandene junge Mann nahm das Urteil ohne erkennbare Regung an.