Ravensburg / sz - Am zweiten Verhandlungstag des Prozesses am Landgericht Ravensburg kam die überfallene Verkäuferin des Baienfurter Pennymarkts zu Wort. Die Tat am 15. Oktober 2013 geschah kurz vor Ladenschluss gegen 22 Uhr.
Zu dieser Zeit befanden sich keine Kunden im Markt. Die 33-jährige Verkäuferin stand an der Kühltheke, als ein maskierter und mit einer Pistole bewaffneter, schwarz gekleideter Mann auf sie zukam. "Nicht erschrecken, ich will nur Geld. Ich würde es nicht tun, wenn ich es nicht müsste, es ist für mein Kind". Fast höflich, in gut verständlichem Deutsch, sprach der Maskierte so die geschockte Verkäuferin an. "Ich hatte den Eindruck, er hatte Angst vor sich selber", so die überfallene Frau.
Sie gingen zusammen zum Tresor, hier erfolgte die Übergabe von Papiergeld in Höhe von 1240 Euro. "Nach der Übergabe des Geldes legte der Räuber die Hand auf meine Schulter. Tut mir leid, Frau Sch …… (vom Namensschild abgelesen), geben Sie mir jetzt noch fünf Minuten, bevor Sie den Notruf setzen", so lautete die sehr präzise Schilderung der anschließend nach der Tat eine Woche arbeitsunfähigen Verkäuferin.
Der Täter wurde von ihr wie folgt beschrieben: groß, schlank, große Hände, aber auffallend kleine Schuhgröße. Dazu trug er eine Maske mit weit geöffnetem Mund und hautfarbene Latexhandschuhe. Staatsanwalt Peter Wizemann veranlasste eine direkte Gegenüberstellung des Angeklagten mit der Zeugin. Hier stellte diese fest, dass die Größe und Statur des in Fußfesseln vor ihr stehenden Mannes mit ihrer Erinnerung an den Räuber übereinstimmen könnte.
Da der 30-jährigeTatverdächtige für die Tatzeit ein Alibi vorweisen kann, wurden drei Zeugen dazu vernommen. Große Aufmerksamkeit erzeugte hier ein vorgelegtes Tagebuch einer jungen Frau. Der Beschuldigte gab nämlich an, zur Tatzeit ausschließlich bei ihr gewesen zu sein. Weil genau an diesem Tage ihre Beziehung zu Bruch ging, sei man sich des Datums auch so sicher. Dieses Tagebuch beginnt mit dem Datum 1. Januar 2013 und hat auch nach dem besagten 15. Oktober 2013 weitere Einträge.
Bei der Vernehmung der Verlobten des Angeklagten kam es aber doch zu unterschiedlichen Aussagen. Sie bekannte, dass sie bei dieser gemeinsamen Freundin oft genug Grund zur Eifersucht haben konnte. Während der Beschuldigte davon sprach, dass er von ihr am anderen Morgen nach der gemeinsam verbrachten Nacht um 7 Uhr angerufen wurde, stellte seine Verlobte es gegenteilig dar. Da sie beruflich in der Gastronomie hauptsächlich nachts arbeite, könne sie über die Aktivitäten ihres Freundes fast nichts aussagen.
Parallel zum Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung steht mit dem Angeklagten auch seiner Verlobten eine Anzeige wegen betrügerischem Internethandel ins Haus. So entstand in 65 Fällen ein Betrugsschaden von 6332 Euro. Neben häufig falscher Namensangabe des Beschuldigten (dem Paketzusteller wurde der entsprechende Name einfach neu geklebt) erfolgten auch unbezahlte Bestellungen auf den Namen der Verlobten. Große Aufmerksamkeit erweckten hier neben Bestellungen bei Apotheken (Tätowierartikel) auch ein Teleskop-Schlagstock, Springmesser und Pfefferspray.
Maske gefunden
Bei der Vernehmung eines aus der Haftanstaltszeit Stammheim bekannten Freundes des Angeklagten wurden interessante Fotos auf seinem Rechner gefunden. So zeigten Aufnahmen Männer mit Masken, unschwer konnte hier der Beschuldigte erkannt werden. Bei der Hausdurchsuchung konnte so eine Maske auch sichergestellt werden.
Die Verhandlung wird am 4. Mai um 9.15 Uhr fortgesetzt.