Ravensburg / sz - So viel Harmonie wie in der Fasnet herrscht selten im Schussental. Blenden wir nur 40 Jahre zurück auf den 15. Februar 1975.
Da waren die närrischen Tage schon vorbei. Und doch ertönte unter Karbatschenschnellen in Weingarten der Narrenmarsch, als der damalige Bürgermeister Rolf Gerich vom Rathausbalkon die frohe Botschaft verkündete, der Staatsgerichtshof habe entschieden, dass die Welfenstadt nicht nach Ravensburg eingemeindet wird.
Daran erinnerten die Plätzler und das ehrenwerte Mostclub-Präsidium am Samstag bei der Narrenverbrüderung vor dem Ravensburger Rathaus. Und alle Anwesenden schwenkten einträchtig Weingartener Fähnchen mit dem Aufdruck "Freiheit". Der Ravensburger Bürgermeister Hans-Georg Kraus, der in diesem Jahr in den Ruhestand gehen wird, machte seinem vor wenigen Monaten neu gewählten Weingartener Amtskollegen Alexander Geiger allerdings ein wenig Angst mit den Worten: "Chefle werden ist nicht schwer, Chefle sein dagegen sehr." Doch der zeigte sich wenig beeindruckt.
Beängstigender waren da schon die zahlreichen Rolf-Engler-Klone, die sich neben der Rathaustreppe aufgebaut hatten. Hinter den Furcht erregenden Gestalten verbargen sich Mostclub-Präsident Jürgen Hohl und sein hoch wohllöbliches Präsidium, das gleich im halben Dutzend aufwartete, um die multifunktionellen Sagengestalten des omnipräsenten Kommunalpolitikers zu verkörpern. Am Ende zogen die Klone den echten Engler mit einem Handkarren auf einem Saugatter über den Marienplatz.
Dann schlüpften gar Oberplätzler Klaus Müller und sein Vize Thomas Gössling freiwillig in die Räuberkluft des Schwarzen Veri, weil die Milka noch kompetente Schauspieler für ein Theaterstück suchte.
Klaus Müller verdiente sich für seinen überzeugenden Auftritt einen riesigen Orden in Form eines Verkehrszeichens für einen Kreisverkehr. Auch Alexander Geiger durfte sich damit schmücken. Ein geeigneter Standort war gleich gefunden: die südliche Stadtgrenze von Weingarten, damit keine Autos mehr nach Ravensburg fahren können.
Schwarze-Veri-Zunftmeister Kunibert Zauner, der durch das knapp einstündige Programm führte, nahm diese kleine Stichelei nicht übel. Schließlich weiß er als ehemaliger Bockstall-Narr um die Weingartener Befindlichkeiten.
Außerdem hatten die Gäste auch noch ein süßes Geschenk mitgebracht: einen großen Kuchen mit einem Plätzler-Bild aus Marzipan. Damit erinnerten sie an den großen Unabhängigkeitstag vor fast genau 40 Jahren. Und mittlerweile stößt den den Menschen in Ravensburg eine solche Gabe auch nicht mehr bitter-süß auf.