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Autismus: Wie der Einstieg in den Job gelingen kann

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Ravensburg / sz - Beim 9. Fachtag Autismus des Kompetenznetzwerks Bodensee-Oberschwaben im Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW) drehte sich alles um die Begleitung von autistischen Menschen in Schule und Beruf.

Einen Job finden trotz Autismus? Der Fachtag-Gastgeber, das Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW) der Stiftung Liebenau, bildet derzeit mehr als 70 junge Menschen mit dieser Diagnose aus und beweist mit guten Vermittlungsquoten, dass dies durchaus möglich ist – mit der entsprechenden Förderung und fachlicher Begleitung durch Psychologen, Pädagogen, Erzieher und Ausbilder. Doch insgesamt sieht die Situation für diesen Personenkreis auf dem Arbeitsmarkt nicht allzu gut aus. Oft schaffen Autisten ihren Schulabschluss oder auch noch eine Ausbildung, sind also fachlich fit für einen Job. Doch dann kommt für viele der Knick im Lebenslauf: "50 bis 70 Prozent der Menschen mit hochfunktionalem Autismus beziehungsweise Asperger-Syndrom sind ohne Arbeit", rechnete Matthias Dalferth, Professor für Soziale Arbeit an der Ostbayrischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg, vor.

Viele Hürden auf dem Weg zum Job

Doch was ist das Problem? Wo liegen die Stolpersteine bei der Jobsuche? Bereits die erste Hürde ist oft schon zu hoch, wie Dalferth weiß: "Die meisten Menschen mit Autismus haben schlechte Karten beim Vorstellungsgespräch." Das liegt an den typischen Kommunikationsfallen im Umgang mit Autisten. Der Bewerber reagiert anders als erwartet, sein Verhalten wird falsch gedeutet, Irritationen sind vorprogrammiert. Werbung in eigener Sache machen? Sich positiv darstellen? Für einen Autisten, der sich strikt an die Fakten hält, ist das schwer – auch wenn er die geforderten Qualifikationen hat.

Job Coaches helfen beim Berufseinstieg

Deshalb benötigen diese Menschen Unterstützung beim schwierigen Übergang in die Arbeitswelt. Mit der Hilfe sogenannter "Job Coaches"– könne es funktionieren. Diese mit dem nötigen Wissen ausgestatteten Fachkräfte bereiten ihre Klienten auf den Berufseinstieg vor. Durch Bewerbertraining etwa, die Schulung sozialer Kompetenzen oder die anfängliche Begleitung an den Arbeitsplatz. Aber auch das Umfeld muss sich auf den neuen Mitarbeiter einstellen. "Wichtig ist, dass der Job Coach auch die Kollegen berät." Und dass autismusgerechte Bedingungen am Arbeitsplatz gegeben sind, also eine ruhige und reizarme Umgebung mit Rückzugsmöglichkeiten.

Autisten als gefragte IT-Experten

Bei der Frima "auticon" ist Autismus kein Hindernis, sondern sogar Voraussetzung für eine Einstellung. Als erstes Unternehmen in Deutschland beschäftigt es ausschließlich solche Menschen und nutzt ihre Talente als Berater im IT-Bereich. Job Coach Judith Schulte ist das Bindeglied zwischen einem "auticon"-Kunden und dem Berater und fungiert dabei als Übersetzer und Ansprechpartner für beide Seiten.

Einer, der von diesem Modell profitiert, ist "auticon"-Mitarbeiter Thomas Adelmann. Nach dem Abitur hatte er beruflich einfach nicht Fuß gefasst. "Man verzweifelt irgendwann an sich selbst", sagt er. Gewissheit brachte erst die späte Diagnose: Autismus. Und die öffnete ihm letztendlich ganz neue Türen. Seit vergangenem Sommer ist der 34-Jährige, der schon als Kind gerne getüftelt und den Computer seiner Eltern bis in die Einzelteile zerlegt hatte, fest angestellter IT-Berater bei "auticon".


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