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WGV: Ravensburger Gemeinderat stimmt Vergleich mit Stuttgart zu

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Ravensburg / sz - Der Ravensburger Gemeinderat hat am Montag einem Vergleich mit Stuttgart im Rechtsstreit um rund 64 Millionen Euro Gewerbesteuer zugestimmt. Am Dienstag treffen sich die Oberbürgermeister und der Vorstand der Württembergischen Gemeindeversicherung, um deren Zahlungen es geht, in Stuttgart zur Unterschrift. Ravensburg zahlt noch in diesem Jahr 27,2 Millionen Euro zurück. Die Netto-Belastung beläuft sich auf 8,4 Millionen Euro.

Wie berichtet, sieht der Kompromiss vor, dass Ravensburg für die Jahre 2005 bis 2014 exakt 55,2 Prozent der Gewerbesteuer bekommt, die die WGV-Holding bislang zu 100 Prozent in Oberschwaben gezahlt hat. Dagegen hatte die Landeshauptstadt geklagt. Am Dienstag hätte es zur mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht kommen sollen.

In den Jahren 2015 bis 2024 kehrt sich gemäß dem Vergleich die Verteilung dann zu Gunsten Stuttgarts um. Stuttgart erlässt Ravensburg die Hälfte der Zinsen, das sind 2,6 Millionen Euro. Zudem verpflichtet sich die WGV, ihre Holding für zehn Jahre in der Türmestadt zu belassen. Durch Ausgleichszahlungen bleiben an Ravensburg nach vier Jahren netto 8,4 Millionen Euro Kosten hängen.

"Die größte Gefahr für die Stadt, nämlich ihre Handlungsfähigkeit zu verlieren, wird mit diesem Vergleich gebannt", sagte Oberbürgermeister Daniel Rapp. "Wäre es zum Prozess gekommen, hätten wir wegen des Risikos auf Jahre hinaus nichts mehr tun können als die Löcher im Dach zu stopfen, wenn es reinregnet." Im schlimmsten Fall hätte Ravensburg laut Rapp 100 Millionen Euro verloren.

8,4 Millionen Euro Netto-Rückzahlung seien verschmerzbar, auch weil die Stadt Rücklagen in Höhe von 5,2 Millionen Euro gebildet habe. Rapp verhehlte aber auch nicht, dass besonders die Jahre 2015 und 2016 schwierig würden. Der OB hat bereits erste Sperrvermerke im Etat erlassen, in Kürze wird es einen Nachtragshaushalt geben.

Zustimmung für den Vergleich und Lob für Rapp gab es dennoch von allen Fraktionen. Einzig Siegfried Scharpf von den "Bürgern für Ravensburg" stimmte dagegen: "Eher würde ich mir den linken Arm abhacken lassen." Scharpf sagte, er hätte das Geld der WGV-Holding nie angenommen. Das sei Stuttgart gegenüber, wo der Konzern sitzt, unanständig. Zudem konstatierte Scharpf aber, dass es rechtlich an der bisherigen Praxis nichts zu deuteln gebe. "Es kann nicht sein, dass man einen Rechtsanspruch nicht durchsetzen kann, nur weil das zu teuer würde."

August Schuler (CDU) übte harsche Kritik an Stuttgart. Dass eine derart reiche Stadt die kommunale Zusammenarbeit aufkündige, sei "unwürdig". Den Vergleich hält Schuler für "ein kommunalpolitisches Meisterstück des OB". Der Kompromiss sei ein Befreiungsschlag angesichts der Risiken. Schuler fordert eine Prioritätenliste für die Investitionen der nächsten fünf Jahre. Bei Großprojekten müsse die Verwaltung "ehrlicher rechnen".

"Wie ein Atomkraftwerk"

Maria Weithmann (Grüne) sieht "einen Kompromiss, mit dem sich leben lässt". Sie forderte den Gemeinderat auf, bei der anstehenden Arbeit am Haushalt zusammenzustehen. "Wir werden schmerzliche Entscheidungen treffen, die alle tragen müssen." Frank Walser (SPD) wollte bis vor kurzem noch prozessieren, weil er die rechtlichen Risiken für überschaubar hält. Das gelte aber nicht für die wirtschaftlichen: "Das ist wie bei einem Atomkraftwerk. Die Chance, dass es in die Luft fliegt, ist gering. Wenn es aber passiert, sind die Schäden unvorstellbar."

"Unanständig" findet Margot Arnegger (FWV) das Verhalten der Landeshauptstadt. Arnegger verwies darauf, dass Ravensburg noch ein generelles Problem in seinem Haushalt mitschleppe. Oliver Schneider von der FDP: "Dieser Vergleich sichert den Frieden und ein kalkulierbares Risiko. Ein Streit ums Prinzip bringt nichts. Die FDP will jetzt noch intensiver "an den Ausgaben arbeiten".


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