Ravensburg / gp - Auch wenn Ravensburg den WGV-Prozess endgültig verlieren sollte und Gewerbesteuer-Millionen zurückzahlen müsste, geht die Welt nicht unter. So etwa lässt sich interpretieren, was Baudezernent Dirk Bastin in der gutbesuchten Jahreshauptversammlung des Bürgerforums Altstadt im „Waldhorn“ zu diesem Thema ausführte.
Man möge sich nicht verunsichern lassen und nicht verzagen. Es werde gleichwohl ein Morgen geben, betonte der kommunale Spitzenbeamte. Das schwierige Schwerpunkt-Vorhaben Umgestaltung des Gespinstmarktes verfolgen er und sein Team jedenfalls weiter. „Wir werden dieses Projekt umsetzen müssen. Es ist überfällig“, betonte er und fügte hinzu, er sei froh, dass das Bürgerforum es nicht nur kritisch begleite, sondern konstruktiv mitgestalte.
„Wir wollen eine Fußgängerzone ohne Wenn und Aber“, hatte nach Begrüßungsworten von Vorstandsmitglied Maria Ballarin zuvor ihr Vorstandskollege Volker Petzold bekräftigt. Zusammen mit Architekt Ewald und Max Dechant erläuterte er, worum es dem Bürgerforum beim Gespinstmarkt geht und nannte die Stichworte Offenlegung des Baches wie in der Roßbachstraße, Baumpflanzungen, Aktivspielplatz, vielleicht „Strandcafé“, überdachte Fläche für Mehrfach-Nutzung, Anwohner-Tiefgarage (24 Plätze). Den vom Baudezernenten gemachten Vorschlag Fahrrad-Garage begrüßte Petzold. Die Brotlaube möchte das Bürgerforum nach seinen Worten geschlossen und als Markthalle genutzt haben, die mit ihren Lebensmittel-Angeboten nicht in Konkurrenz zum Bauernmarkt treten soll. Petzold sprach sich für einen Architekten-Wettbewerb aus, „wenn die Stadt weiß, was sie will“ und notfalls für kleine Realisierungs-Schritte, falls Geldmangel die Stadt dazu zwinge.
Ist beim Gespinstmarkt noch unklar, inwieweit die Stadt auf die Vorschläge des Bürgerforums eingeht, so erkannte Petzold im Jahresrückblick an, dass dessen Einsatz für das Backsteingebäude auf dem Bezner-Areal von der Stadt honoriert worden ist. Sie sei hier auf einem guten Weg.
Auch beim Thema Seestraße erntete die Stadt Lob, was die Planungen zur Erhaltung der bislang von ihr genutzten Gebäude betrifft. Die hätten Hand und Fuß. Die Entwicklung der Wohnbebauung bezeichnete Petzold allerdings als „nicht erfreulich.“
Alles, was das Gänsbühl-Zentrum als wichtigen Oberstadt-Magneten belebt, findet das Bürgerforum laut Petzold gut, lehnt es aber nach wie vor entschieden ab, dafür die Grünfläche Varadžiner Platz zu opfern. OB Rapp schrieb Petzold ins Stammbuch, mit dem Ziel angetreten zu sein mehr Grün in die Stadt zu bringen. Aber ausgerechnet er gebe nun diese Grünfläche auf. Der Baudezernent verteidigte die Überbauung dieser Grünfläche. Er kündigte an, der Gemeinderat werde am 2. Februar „final“ entscheiden – und wahrscheinlich grünes Licht für die Überbauung des Varadžiner Platzes geben.
Petzold machte bei den Neubauplänen der Katholischen Kirche deutlich, dass das Bürgerforum den Abriss der stadtbildprägenden Kaplaneinhäuser Wilhelmstraße 2 und 4 nach wie vor ablehnt. „Öffnen Sie sich trotzdem dem Projekt“, warb Bastin. So könne der kaum angenommene Platz oberhalb der Liebfrauenkirche erlebbar gemacht werden.
Mit dem Verkauf des historischen Rebleutehaus durch die Stadt mit seinem wertvollen Saal ist das Bürgerforum „überhaupt nicht einverstanden“, betonte Petzold.
Bastin sieht in der Unterstadt einen künftigen Schwerpunkt seiner Arbeit, nämlich Fehler der Vergangenheit (C & A, Parkhaus am Untertor) zu bereinigen.
Bausünden der Gegenwart: Einig waren sich Patzold und Bastin in ihrem Unbehagen, was die „Dämmwut“ zum Wärmeschutz betrifft. „Wir produzieren hier heute die Sanierungsprojekte der nächsten 30 Jahre“, prophezeite er drastisch und prognostizierte „Schäden, die man noch gar nicht absehen kann.“ Es gelte, die Altstadt davon weitgehend zu bewahren.