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Willy Astor zündet Wortraketen

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Ravensburg / sz - Es ist ein kurzweiliger Abend, den Willy Astor am Samstag mit seinem Publikum im ausverkauften Konzerthaus verbringt. Mit viel Musik, noch mehr Lachen, Witz und unglaublicher wortakrobatischer Leistung präsentiert er sein Programm „Nachlachende Frohstoffe“.

Ganz so, wie man den bayerischen „Oral-Apostel“ Willy Astor seit über 30 Jahren kennt. Völlig unaufgeregt und sympathisch mischt er sich unters Volk, nutzt die Pause und die Zeit nach der Show nicht zum Ausruhen, sondern für Autogramme, Selfies mit seinen Fans und kleinen Gespräche.

Die ersten Minuten des Programms gestalten Heidi aus dem Deggenhauser Tal, Albert aus Wangen sowie Simone und Silvia aus Horgenzell. Die vier sitzen in der ersten Reihe, und Willy Astor plaudert sich mit ihnen warm. Nicht von der Bühne herunter, er steht im Saal. Er habe sich nach all den großen Hallen sehr auf dieses schöne kuschelige Konzerthaus gefreut, erklärt er glaubhaft. Von Thea aus Weingarten bekommt er schließlich ein Hustenbonbon, denn ja, man merkt es ihm an: Der Künstler ist gesundheitlich angeschlagen. Blass, rauer Hals, rote Schnupfennase. Aber die Bühne scheint ihm gut zu tun. Das Publikum, das ihn ausgelassen und mit Vorfreude empfangen hat, ebenso. „Ihr seid eines der besten Publikümer der Welt!“ erklärt er dann auch, und sieht mit jeder fortschreitenden Minute besser aus. Stimmt‘s Guido? Guido ist seit über 20 Jahren Astors Techniker und Bestandteil des Programms. Nicht nur einmal fragt Astor: „stimmt’s Guido?“. Und von irgendwo aus der Dunkelheit kommt dann: „Stimmt!“. Das Publikum flüstert es ab dem dritten Mal mit.

Sollte Astor sich schlecht fühlen, er lässt es sich nicht anmerken. Samt Kirsch-Cranberry-Hustenbonbon im Mund haut er seinen Zuhörern einen seiner Wortspiel- Klassiker „Über 400 Kinotitel in viereinhalb Minuten“ um die Ohren. Die Leute singen für ihn lauthals „Grilling me softly beim Ping Pong!“, klatschen sich vor Freude auf die Schenkel beim geringfügig schlüpfrigen „Putin in the Ritz“, erfahren, dass für Astor Leipzig im Nahen Osten und Nürnberg im hohen Norden liegt, lachen Tränen bei der „Taube Joachim“, stampfen vor Begeisterung beim „Pubertier is in the House“.

Gemeinsam mit seinem musikalischen Freund Nick Flade, der ihn für 20 Minuten am Klavier, auf der Bühne, durch die Lieder des „Kindischen Ozeans“ begleitet, stellt Astor sein gleichnamiges neues Album vor, für Kinder und jene, die den Kontakt zu ihrem inneren Kind nicht verloren haben. Zwei Stunden lang zündet er eine Wortrakete nach der anderen, schachtelt Sätze, verdreht Redewendungen und macht großartige Musik dazu.

Der Künstler geht in die Knie

Trotzdem erklatscht sich das Publikum über eine halbe Stunde lang Zugabe an Zugabe. Es jubelt mit Astor die „Kaulquappensocken“ und er erklärt, dass er eigentlich noch gar nicht aufhören möchte. Als feinfühliges Ende schenkt er seinen Zuhörern seinen eigenen musikalischen Talisman: „Nautilus“, ein Instrumental, in dem er in die Tiefen des Ozeans reist, frei nach Jules Verne. Dabei beweist Willy Astor ein weiteres Mal, dass er neben der Sprache auch die Gitarre meisterhaft beherrscht. Guido spendiert dazu ein verträumtes Bühnenlicht, und beim endgültigen Schlussapplaus kniet Willy Astor vor seinem Ravensburger Publikum, das mit seligem Lächeln heimgeht. Das war großartig! Stimmt’s Guido?


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