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Halter hadern mit Kampfhunde-Steuern der Gemeinden

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Ravensburg / sz - Kampfhunde-Steuern werden auch in Baden-Württemberg erhoben. Die Stadt Laichingen musste wegen ihrer Steuer einen jahrelangen Rechtsstreit bis vor das Bundesverwaltungsgericht führen.

Wie ist die Rechtslage?

Gemeinden dürfen selbst entscheiden, ob sie eine Steuer auf sogenannte Kampfhunde erheben oder nicht. Der Gemeindetag Baden-Württemberg hat eine Mustersatzung erstellt, an der sich die Behörden in den Kommunen orientieren können, aber nicht müssen. Danach gelten folgende Rassen als potenziell gefährlich: Bullterrier, Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden sowie Bullmastiff, Mastino Napolitano, Fila Brasileiro, Bordeaux-Dogge, Mastin Espanol, Staffordshire Bullterrier, Dogo Argentino, Mastiff und Tosa Inu. In Bayern sind folgende Tiere als Kampfhunde gelistet: American-Pit-Bull-Terrier, Bandog, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Tosa-Inu, Alano, American Bulldog, Bullmastiff, Bullterrier, Cane Corso, Dogo Argentino, Bordeaux Dogge, Fila Brasiléiro, Mastiff, Mastin Espanol, Mastino Napoletano, Perro de Presa Canario (Dogo Canario), Perro de Presa Mallorquin und Rottweiler. Bei der Höhe der Steuer gibt es keine Vorgaben. Allerdings gelten nach einigen Gerichtsurteilen 1000 Euro als gerade noch zumutbar.

Wie viele Kommunen erheben die Steuern auf Kampfhunde?

399 Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg. Dabei reicht die Spanne von 120 in Dettenheim im Kreis Karlsruhe bis 1810 Euro in Weilheim an der Teck für den ersten Kampfhund. Wer mehrere hält, zahlt in der Regel für jedes weitere Tier mehr. Im Verbreitungsgebiet der „Schwäbischen Zeitung“ zahlen Halter in Lindau mit 1080 Euro und in Pfullendorf mit 900 Euro für einen Kampfhund besonders hohe Steuern.

Warum erheben Gemeinden im Land Kampfhunde-Steuern?

Über die Gründe für diese Maßnahme gehen die Meinungen auseinander. „Wir wollten die Haltung dieser Hunde eindämmen“, sagt etwa Johann Siersch vom Steueramt Laichingen. Dieses Motiv nennt auch Fabian Müller, Finanzreferent des Gemeindetages Baden-Württemberg: „Das ist auch legitim.“ Kampfhunde seien schließlich „gesamtgesellschaftlich umstritten“. Die Stadt Lindau rechtfertigt so auch die Höhe der Abgabe: Nur eine spürbare Steuer habe eine entsprechende „Lenkungswirkung“, heißt es in einer Stellungnahme. Ganz anders sieht das Herbert Lawo, Vorsitzender des Tierschutzverbandes Baden-Württemberg. „Gemeinden nutzen Hundesteuern ganz allgemein nur als Geldquelle.“ Der Gesetzgeber packe das Thema gefährliche Hunde von Grund auf falsch an. „Studien zeigen: Das Problem ist nicht eine bestimmte Hunderasse, das Problem ist der Halter.“ Oft würden Tiere absichtlich scharf gemacht oder einfach falsch erzogen. Lawo fordert, die Kampfhunde-Listen abzuschaffen und stattdessen Sachkunde-Prüfungen für alle Bürger einzuführen, die sich einen Hund halten wollen.

Können Halter eines Hundes beweisen, dass ihr Tier nicht gefährlich ist, obwohl es auf der Liste der Kampfhunde steht – und so die höheren Steuern umgehen?

Das ist theoretisch möglich, nach Einschätzung von Juristen aber schwierig. So erkennen die Steuerämter der Gemeinden den Wesenstest nicht als solchen Beleg an. Diesen müssen Tiere ablegen, die auf der „Kampfhunde-Liste“ stehen. Nur dann dürfen Bürger so einen Hund legal halten. Juristisch gesehen haben aber Ordnungsrecht einerseits und Steuerrecht andererseits hier nichts miteinander zu tun. „Das klingt für den Bürger schizophren, ist aber in allen Instanzen von deutschen Gerichten so bestätigt“, sagt Lars-Jürgen Weidemann. Der Mül-heimer Tierrechtsexperte hatte 2010 eine Hundehalterin aus Laichingen vertreten, die die Stadt wegen deren Kampfhunde-Steuer verklagt hatte. Der Bundesverwaltungsgerichtshof bestätigte jedoch in letzter Instanz ein Urteil aus Baden-Württemberg. Demnach ist die Laichinger Steuer von 600 Euro jährlich nicht zu hoch. Weidemann, der viele Klagen gegen die Kampfhunde-Steuern vertritt, beklagt: „Die Behörden stützen sich auf eigene Statistiken, um zu beweisen, dass bestimmte Hunderassen gefährlich sein sollen. Diese sind aber nicht wissenschaftlich geführt.“

Was geschieht nach dem Urteil aus Leipzig am Mittwoch?

„Das müssen wir prüfen“, so Fabian Müller vom Gemeindetag. Die Entscheidung gelte zunächst nur für den bayerischen Einzelfall, sie könne aber Signalwirkung haben. Im bayerischen Lindau bleibt man gelassen und beruft sich auf ein Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von 2013. Darin beanstandeten die Richter die Satzung einer Gemeinde, die für Kampfhunde einen 26-fachen höheren Satz als für andere Hunde erhob. In Lindau verlange man nur das 12-fache der normalen Hundesteuer von 90 Euro. „Bei diesem Betrag sehen wir noch keine ,erdrosselnde Wirkung’ der Steuer“, so die Gemeinde.

Eine Karte im Internet zeigt, wie hoch die Steuern sind, die Gemeinden im Verbreitungsgebiet der „Schwäbischen Zeitung“ auf Kampfhunde erheben:

schwaebische.de/kampfhund


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