Ravensburg / sz - Die Locations: von großstädtisch-großartig bis kuschelig-klein. Die Künstler, soweit vor Ort: nahbar und natürlich. Die Kunst: allemal sehenswert. So lässt sich die Ravensburger Kunstnacht vom vergangenen Freitag beschreiben. Von 18 bis 23 Uhr wiesen blaue Leuchtstoffröhren dem zahlreichen kunstinteressierten Publikum den Weg durch den Ravensburger Stadtkern. In die Peripherie fuhren zwei Shuttlebusse.
Einziges Manko: Die Qual der Wahl. Denn selbst bei straffer Abendplanung war der Besuch nur von maximal einem Dutzend Galerien und Ateliers machbar. Mehr war nicht drin. Leider, wie etliche der Kunst-Flaneure bekundeten. Anne Bortfeld und Rita Bugasch machen Pause, an einem der zahlreichen Tische im Medienhaus der Schwäbischen Zeitung. Schöpfen Atem, resümieren die bisher geschauten Ausstellungen. Die beiden Freundinnen sind ziemlich pünktlich gegen 18.30 Uhr in die Kunstnacht gestartet, haben im Kunstmuseum und mit Werken von Otto Mueller ihren Spaziergang begonnen. „Einfache, schöne Bilder von Zigeunern und Badenden“, beschreibt Anne Bortfeld, die selbst hobbymäßig malt. Absolut empfehlenswert seien auch die Selinka Classics: „Die muss man gesehen haben“.
Allerdings, diese Ausstellung gibt es alle Tage. Was nicht Alltägliches, wo findet sich das? „Im Salon des Friseurs Renommé,“ fällt Bortfeld ein. Stimmt. Dort zeigen elfengleiche Modells papierene Kunst, die mit Origami so wenig zu tun hat wie Schimmer mir Schimmel. Vielmehr tragen die Mädchen Ballkleider aus sorgsam gerollten Notenblättern, mit Papierknäueln als Schleppen. Exakt gegenüber, in der oberen Markstraße, schiebt sich das illustre Kunstvölkchen durch die Galerie Hölder. Vorbei an wie verwischt scheinenden Werken des Fotokünstlers Tilmann Krieg, an beinah ins unendlich verlängerte Fotos von Franziska Schemel., komplettiert mit Designschmuck von Cathrin Runge. „Die hölzernen Spermien mit dem Namen 100% Virgin“ sind Rita Bugasch aus der Ausstellung noch im Gedächtnis. „Auch weil sie einen Heiligenschein tragen“, wie sich ihre Freundin zu erinnern meint.
Weitere interessante Überlegungen ausgetauscht und anregende Gespräche geführt haben die beiden Schulfreundinnen bei der Ausstellung im Landgericht. „Stadtlandfluß“ heißt der Werkezyklus von Wilhelm Mackowski, dessen Bilder namenlos sind. Und was wollen Bortfeld und Bugasch unbedingt noch sehen? Absolutes Muss ist der Neubau der Schwäbischen Zeitung gewesen, gesteht Anne Bortfeld: „Verlockend ist nämlich auch, unverbindlich und zwanglos einmal Räume erkunden zu können, die sonst nicht so einfach offen stehen“. Dass im weitläufigen Foyer dann auch noch solche überragend schöne Fotos hängen wie die des SZ-Fotografen Roland Rasemann: ein zusätzliches Schmankerl. Manchen treibt die Frage um, ob diese Fotos käuflich zu erwerben seien.
Gegen 22 Uhr, als sich die Kunstnacht langsam dem Ende nähert, da wollen sich die Beiden im Autohaus Schuhbauer noch die Werke der Aulendorferin Annette Schmucker anzusehen. Gemälde voller Weite und Licht, voller positiver Energie. Auch beachtenswert: die eigensinnigen, oft mehrteiligen Hinter-Glas-Geschichten des Künstlers Hendrik Tuttlies.
Und wer erwähnt die fast schon zahllosen kleinen Kleinod-Künste, die manches Mal sogar im sonst so hilfreichen Flyer des Kulturamtes fehlen? Niemand, so ist zu befürchten. Bleibt nur zu hoffen, dass die ebenso filigranen wie faszinierenden Skulpturen des Bildhauers Thomas Stopper (zu sehen im Haus der Fotografie Karin Volz) hoffentlich auch so ihre Fans finden. Ebenso wie die handgefertigten Ketten der amerikanischen Schmuckkünstlerin Adrienne Hölz, die auf reduziertem Raum aus historischen Perlen Wunderschönes zaubert.
Längere Öffnungszeiten
Was wünschen sich Anne und Rita, stellvertretend für die vielen anderen Kunstfreunde? Eine Neuauflage im nächsten Jahr, das ist klar. „Mit längeren Öffnungszeiten, bitteschön“, regt die Weingartnerin Rita Bugasch an. Damit noch mehr große aber vor allem die kleinen Kunstschätze den Weg in die Öffentlichkeit finden können.