Ravensburg / sz - Wie es sich anfühlt, wenn einem der eigene Tod als Dauerschatten im Genick sitzt und ständig dazwischen quasselt, haben die Zuschauer im Theater Ravensburg bei der Premiere am Freitagabend miterleben dürfen. Das Schauspiel „Willkommen in deinem Leben“ des Amerikaners Michael McKeever verquickt komische Momente mit existentiellen Ausbrüchen.
Jutta Klawuhn im knalligen lachsfarbenen Kleid mit Sonnenbrille und blonderPerücke in der Rolle der „Kiki“ verkörpert die „Liebe“. Mit ihrem Blindenstock stochert sie als exaltierte Ausgeburt aus dem Reich der Toten durch das antiquierte Bühnenbild von Werner Klaus. Dazu tönt Don McLeans „Bye bye Miss American Pie“ aus dem Off. Ihr Gegenspieler ist „Wally“, den Markus Hepp als persönlichen Tod von Charlie Cox gibt. In dessen unbequeme Haut ist Alex Niess geschlüpft. Ihm bleibt nicht mehr viel Zeit auf Grund einer lebensbedrohlichen Muskelerkrankung. Und Wally tut sein Bestes, um sein Geschäft schnellstens zu erledigen. Nur ist da noch Nell (Ana Schlaegel), die mitten in der Wüste von Arizona ein heruntergekommenes Motel führt. Marco Ricciardo als fünfter in diesem Ensemble tritt als eifersüchtiger Travis Dunn auf, der es einfach verpasst hat, Nell rechtzeitig seine Zuneigung zu bezeugen. Da helfen Pralinenpackungen auch nicht mehr weiter.
Unter der Regie von Karsten Engelhardt setzt das Stück mit dem Aufeinandertreffen von Wally und Charlie ein. Charlie ist Lektor und frönt ein ziemlich langweiliges Dasein. Ein Buch will er schreiben. Warum das?, fährt ihn der Tod an. Weil ich nichts anderes habe, brüllt Charlie zurück. Das sind heftige Szenen, wenn Charlie zwischen Verdruss und Glückshormonen pendelt, denn er hat sich zum ersten Mal in seinem Leben verliebt. In Nell, die jeden Mittwoch die Bettlaken wäscht, nur um noch eine Aufgabe zu haben. Mitten hinein ins dieses Dreiergespann platzt Kiki. „Endlich geht die Post ab!“, jauchzt sie und setzt alle Hebel in Bewegung, um Charlie anzutreiben. „Du hast Angst vor dem Leben. Hau endlich rein!“, herrscht sie ihn an. Dagegen hält Wally: „Das Leben macht einen fertig, nicht der Tod. Er bringt alles in eine Ordnung.“
Knochentrockene Dialoge
Manche Stellen geraten zu psychologisch, wenn Travis als Platzhirsch und Alpha-Männchen entlarvt wird. Andere sind knochentrockene Wortspiele. Der Tod und die Liebe bleiben für Nell unsichtbar. Daraus ergeben sich schöne dialogische Verwechslungsszenen. Überzeugend wirken Charlies Zitteranfälle ausgerechnet dann, als er ahnungslos die Aschenurne des Schwiegervaters in den Händen balanciert. Durch Kiki auf Touren gebracht, rafft er sich schließlich zu einem Leben raus dem Trott auf. Packt euphorisch die Picknicktasche, um genauso schnell wieder umzufallen. Das alles habe ja doch keinen Wert. Schließlich sterbe er bald. Doch die frohe Botschaft lautet, dass er einfach noch nicht so weit ist für Wallys freundlich dargereichte Tablettenpackung.
Die Inszenierung setzt auf das Können der Schauspieler. Hierbei wechselt das Ensemble zwischen Erzähltem und Gespieltem. Überzeugend rücken die fünf Akteure ihre jeweiligen Charaktere ins Licht: Die etwas naive Nell, der hinterlistige Wally, die aufreißerische Kiki, der zwischen zu Tode betrübt und hochjubeljauchzend schwankende Charlie und der staksige Travis, der so gern wollte, aber nicht kann. Diese Fokussierung macht das Stück aus, das im ausverkauften Saal auf viel Zuspruch traf.
Weitere Vorstellungen im Theater Ravensburg in der Zeppelinstraße 7 sind am Donnerstag, 2. Oktober, am Samstag, 11. Oktober, und am Freitag, 31. Oktober jeweils um 20 Uhr. Kartenvorverkauf im Theater Ravensburg an Vorstellungstagen von 17 bis 19 Uhr unter Telefon 0751/23364. Die Abendkasse ist ab 17 Uhr geöffnet. Infos und Karten im Internet unter oder .