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162 Flüchtlinge werden Nachbarn der Polizei

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Ravensburg / sz - Über die bevorstehende Belegung der Burachturnhalle und weitere geplante Unterkünfte für Flüchtlinge haben Stadt und Landkreis am Freitagabend in der Spohnmensa rund 230 Bürger informiert. Acht weitere Standorte wurden vorgestellt. Dazu gehört auch das Gelände der Polizei in der Gartenstraße: 162 Flüchtlinge sollen im Sommer 2016 in drei Holzmodulen neben dem Gebäude Zuflucht finden. Der geplante Polizei-Neubau ist davon nicht betroffen.

2000 Flüchtlinge erwartet der Landkreis Ravensburg allein bis Ende des Jahres. Das machten Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp und die Erste Landesbeamtin Eva-Maria Meschenmoser als Vertreterin des Landrats bei der Infoveranstaltung deutlich, zu der unter anderem auch der Landtagsabgeordnete Manfred Lucha (Grüne), Baubürgermeister Dirk Bastin, Simon Blümcke, Nachfolger von Bürgermeister Hans Georg Kraus, sowie Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes und der Helferkreise gekommen waren. Um die erneut steigende Zahl an Flüchtlingen aufzunehmen, müssen dringend Unterkünfte geschaffen werden (siehe Kästen), denn auch die neun Turnhallen, die im Kreis belegt werden sollen (die SZ berichtete), reichen nicht aus.

Die Burachturnhalle, in die ab 26. Oktober 300 Flüchtlinge ziehen, steht dann bis mindestens zu den Sommerferien 2016 nicht mehr für Sportunterricht und für Vereine zur Verfügung. Für den prüfungsrelevanten Unterricht für die Oberstufe gibt es Ausweichmöglichkeiten in Hallen der Stadt und des Bildungszentrums St. Konrad. Dies betonten OB Rapp und Schulamtsleiter Karlheinz Beck am Freitagabend erneut. Für die Schüler solle ein Hallenfahrdienst eingerichtet werden.

Auf der Facebook-Seite der "Schwäbischen Zeitung" hatte die Nachricht der Notunterkunft auf der Burachhöhe bereits in der vergangenen Woche zu vielen besorgten und kritischen, teilweise auch inakzeptablen Kommentaren geführt. Bei der Veranstaltung am Freitag blieb die Stimmung hingegen zumeist sachlich.

"Wir wollen aus dieser Situation das Beste machen – für die Menschen, die ankommen, und für die Menschen in unserer Stadt", betonte Daniel Rapp, auch wenn es natürlich auch mal "knirschen" werde. Die dringlichste Aufgabe sei jetzt, den Asylbewerbern ein festes Obdach zu bieten; die wichtigste Aufgabe die Integration der Menschen. Sozialamtsleiter Stefan Goller-Martin betonte: "Integration bedeutet, dass man aufeinander zugeht und in Kontakt kommt. Und: "Wohnen findet in der Kommune statt." An die Bürger appellierte er, sich einzusetzen und zu helfen.

Besonderen Applaus erntete ein Schüler des Wirtschaftsgymnasiums: "Mir ist lieber, dass der Sportunterricht ausfällt, als das Menschen kein Dach über dem Kopf haben."

Sorgen und Ängste

Andere Bürger drückten ihre Sorgen aus. Wie viele Flüchtlinge denn noch kommen, wollte eine Bürgerin wissen. Man könne nicht hellsehen, sagten Rapp und Meschenmoser. "Wir sind im Kreis gut aufgestellt", betonte die Erste Landesbeamtin. Allerdings sei ein Vertrag mit einer Containerfirma geplatzt, was den Kreis bei den Unterkünften in Nöte gebracht habe.

Wer für die Sicherheit rund um die Notunterkunft auf dem Burach sorge, wollte ein Zuhörer wissen. Darum soll sich laut Meschenmoser ein Sicherheitsdienst rund um die Uhr kümmern. Auf die Frage eines Ravensburgers, wie man den zu erwartenden 240 Männern, die in die Turnhalle kommen sollen, das deutsche Wertesystem beibringen könne, sagte Rapp: "Es hilft nichts, die Situation zu beschönigen. Es wird auch Probleme geben. Ehrenamtliche Helfer sind gefragt, die sich von Anfang an um die Menschen dort kümmern."

Ein Nachbar der angedachten Unterkunft in der Schmalegger Straße drückte seine Sorgen deutlich aus: "In meiner Familie gibt es Ängste. Wer sorgt für die Sicherheit in diesem Gebiet?" Die Polizei sei ohnehin schon überfordert. Rapp machte deutlich, dass die Polizei personell verstärkt werde und fügte hinzu: "Die Menschen, die zu uns kommen, sind in der Regel keine Verbrecher."

Eine Bürgerin der Nordstadt fragte: "Im Umfeld wohnen schon einige Flüchtlinge, weitere 162 sollen in die Gartenstraße kommen. Wir fühlen uns nicht mehr wohl. Wie soll das gutgehen?" Rapp warb um Verständnis und entschuldigte sich, "falls es mal Probleme" gebe. "Es wäre naiv zu sagen, alles wird hervorragend, aber ich bin sicher, dass es zu schaffen ist."


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