Ravensburg / sz - Zwei Wochen vor dem Rutenfest herrscht in Jogi Weiß’ Schreinerei Hochbetrieb in Sachen Ravensburger Heimatfest. Denn seit zehn Jahren fertigt er die Schützenscheiben fürs Bogenschießen der Realschüler an, davor hat es die Realschule Ravensburg selbst gemacht. Aber auch die Schützenscheiben fürs Wappenschießen kommen aus seiner Werkstatt in Oberhofen. Jetzt sind die Scheiben bereits beim Probeschießen im Einsatz.
In mühevoller Handarbeit entstehen Stück für Stück die vielen Einzelteile einer jeden Schützenscheibe. Sechs Stück sind es jedes Jahr. „Für die Realschüler mache ich jedes Jahr vier: zwei fürs Probeschießen und zwei fürs Hauptschießen am Rutenmontag“, sagt er. „Ich mache immer zwei auf Reserve. Wenn da etwas abbricht, kann ich die Scheibe nicht mehr aufstellen lassen. Da muss man für jeden Fall gerüstet sein.“ Hinzukommen zwei Scheiben fürs Wappenschießen. Weil da beim Transport nicht so viel schief gehen kann, gibt es davon nur zwei Scheiben.
Das ganze Jahr über arbeitet Jogi Weiß, der auch die Masken für die Ravensburger Schwarze-Veri-Zunft schnitzt, an den Türmen, Zinnen, Mauerstücken und den anderen Einzelteilen. Nach den Vorbereitungen werden die verschiedenen Teile zusammengebaut. Jogi Weiß hält ein Stück Spanplatte hoch: „Beim Realschulschießen sind alle Teile aus Spanplatten gemacht. Mit einer Schablone wird die äußere Form der Einzelteile ausgesägt, danach alles mit Grau grundiert und die einzelnen Türme von Hand und mit Airbrush bemalt“, erklärt er.
Erst danach werden die Einzelteile angesägt, damit sie bei einem Treffer mit dem Pfeil abbrechen und herunterfallen. Auf die Rückseite werden die Preisnummern geschrieben. „Dafür habe ich von der Rutenfestkommission einen genauen Plan bekommen.“ Damit ist sichergestellt, dass die Scheibe jedes Jahr genau gleich aussieht.
Fürs Wappenschießen hat er eine ganz eigene Technik entwickelt. Die Zinnen des Wappens und der Hauptpreis, das Kreuz, werden mit Sekundenklebstoff auf einem kleinen Holzstück befestigt, damit das Holzstück sofort von der Scheibe bricht, wenn ihn der Bolzen von der Armbrust trifft. Das Wappen, auf dem die Preise befestigt sind, ist aus Kiefernholz und wird mit der Airbrush-Technik lackiert. „So schaffen wir ein dreidimensionales Bild“, erklärt Jogi Weiß.
Die verschiedenen Teile für die unterschiedlichen Scheiben lagern das ganze Jahr über auf seinem Dachboden in Oberhofen, und bei Bedarf wird dann Stück für Stück nachgemacht. Millimetergenau werden bei der Schützenscheibe für die Realschüler die Türme und Mauerstücke angesägt, besonders breite Teile wie die Veitsburg oder das Kästlinstor werden unten mit einer genauen Anzahl an Löchern angebohrt („damit die leichter brechen“), die Spanplatten haben auch immer die gleiche Stärke. „Deswegen ist es Quatsch“, erzählt Jogi Weiß, „wenn sie auf der Kuppelnau sagen: ,Dieses Jahr hat er sie aber fester gemacht als sonst’.“
Dass die Teile von Jahr zu Jahr unterschiedlich schnell brechen, räumt er aber ein. „Das hängt mit der Luftfeuchtigkeit zusammen. Wenn die hoch ist, oder wenn es regnet, saugen sich die Spanplatten mit Wasser voll, dann brauchen die Pfeile eine höhere Schlagkraft. Wenn es trocken ist, bricht das Holz besser. Aber an der Machart liegt es nicht, die ist immer genau gleich.“
Und auch zum Wappenschießen hat er eine Anekdote zu erzählen. Denn er war der erste Schützenkönig, als das Wappenschießen 2001 zum ersten Mal stattfand. Lachend erzählt er: „Beim Probeschießen haben mehr als 700 Schüler darauf geschossen und niemand traf. Danach haben die Lehrer und ich geschossen. Und ich hab das Kreuz heruntergeschossen.“
Am Rutenfest ist Jogi Weiß auf allen Schießwettbewerben auf dem Kuppelnauplatz anzutreffen. Auch in diesem Jahr wird er dabei sein und zuschauen. „Ich will ja schließlich wissen, wer Schützenkönig wird“, sagt er. Das ist dann der Moment, an dem er besonders stolz ist, ein Teil des Rutenfestes zu sein.
Die Adler fürs Adlerschießen der Gymnasiasten am Rutendienstag werden von der Schreinerei Hertkorn in Weißenau gefertigt. Diese Schützenscheiben werden vom Trommlerkorps in Auftrag gegeben und nicht von der Rutenfestkommission, wie es beim Wappen- und Bogenschießen der Fall ist. Die Adler sind bereits fertiggestellt.