Ravensburg / sz - "Die fetten Jahre im ÖPNV sind vorbei. Wahrscheinlich steht uns eine Dürreperiode bevor." So kommentierte Bend Hasenfratz, der stellvertretende Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Bodo, die negative Fahrgastentwicklung im Jahr 2014 im Werksausschuss des Ravensburger Gemeinderates. Erstmals seit Jahren gingen die Zahlen zurück – um 2,1 Prozent.
"Nach stetigem Wachstum sind wir in der Realität angekommen", glaubt der Verkehrsexperte. 719000 Fahrgäste weniger nutzten in den Kreisen Ravensburg und Bodensee die Busverbindungen des gemeinsamen Verkehrsverbundes. Zum Teil, weil die Schülerzahlen wegen der demografischen Entwicklung zurückgegangen sind. Zum Teil aber auch, weil Benzin im vergangenen Jahr vergleichsweise billig war. Dennoch stieg der Gewinn von Bodo um 1,6 Prozent oder 519000 Euro. Grund waren die Preiserhöhungen zum Jahresbeginn 2014.
Entmutigen lassen sich die Verantwortlichen in dem Verkehrsbetrieb von den sinkenden Zahlen nach eigenem Bekunden nicht. Derzeit arbeiten sie an drei großen Projekten: der länderübergreifenden Integration des bayerischen Landkreises Lindau, einer elektronischen Chipkarte, die das Lösen von Einzelfahrscheinen überflüssig macht, und einer "Echt Bodensee Card", die Touristen die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ermöglicht. Hasenfratz: "Das wird ein Leuchtturm im Tourismus." Was in einigen ländlichen Modellgemeinden (Eriskirch und Deggenhausertal) bereits läuft, ist ein Versuch zur Integration von Elektroautos, die bei Bedarf über eine App angefordert werden können und als Anschluss an Bus und Bahn dienen.
Apropos Bahn: Die Bodensee-Oberschwabenbahn (BOB, im Volksmund auch "Geißbockbahn") schrieb im vergangenen Jahr erstmals seit 2002/2003 rote Zahlen. Trotz um 0,5 Prozent leicht gestiegener Fahrgastzahlen in den Nahverkehrszügen zwischen Friedrichshafen und Aulendorf machte die BOB im abgelaufenen Geschäftsjahr (bis 30. September 2014) 288000 Euro Minus. Damit liege das Ergebnis 1,3 Millionen Euro unter Plan, sagte BOB-Geschäftsführer Manfred Foss. Hauptgründe für das schlechte Ergebnis seien Rost an Fahrzeugen und Neubeschaffungen von Triebwagen gewesen.
Der CDU-Politiker August Schuler fand die Entwicklungen im ÖPNV "nicht so dramatisch". "Natürlich werden die Schülerzahlen leicht abnehmen, aber dann müssen wir dafür sorgen, dass der Berufsverkehr attraktiver wird." Schuler nannte es "sensationell, wenn wir über die Landesgrenzen hinausgehen, das würde die Verkehrsinfrastruktur deutlich verbessern".
Politiker bleiben gelassen
Maria Weithmann (Grüne) hofft, dass sich der ÖPNV und die E-Mobilität besser durchsetzen werden. Sie begrüßt vor allem die Verknüpfung von beidem, weil gerade ländliche Gemeinden nicht optimal ans Busnetz angeschlossen seien. Jochen Fischinger (Freie Wähler) lobte vor allem das Projekt "Echt Bodensee Card" als sinnvolle Tourismusförderung. Roland Dieterich (FDP) schlug vor, die regionalen Flughäfen (neben Friedrichshafen auch Memmingen) besser an den ÖPNV anzuschließen.
Unklar ist bislang, welche Auswirkungen die Elektrifizierung der Südbahn auf die BOB haben wird. Mit ihren alten Fahrzeugen kann sie die Strecke dann nicht mehr bedienen und müsste sich im Verbund mit anderen Verkehrsbetrieben an der neuen Ausschreibung der Strecke beteiligen. Trotzdem sei das kein Grund, sich zu wünschen, dass sich der Ausbau noch weiter verzögert, meinte Oberbürgermeister Daniel Rapp.