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Humpisfasnet: Der Henne legt sich mit dem Wifo an

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Ravensburg / sz - Zwei Stunden vor Beginn mindestens hätte man einlaufen müssen, um noch einen Sitzplatz zu ergattern. Aber auch stehend war die Humpisfasnet, eine alte, über 100 Jahre zurückreichende närrische Ravensburger Tradition, in den gastlichen Stuben vergnüglich.

So dicht hockten die Mäschkerle selbst noch im hintersten Winkel beieinander, dass nicht mal mehr ein Blatt Papier zwischen sie gepasst hätte. Der unvergessene Humpiswirt Heiner König und Frida Hindelang hätten ihre Freude daran gehabt, was die "Külis" (die Küchenliederleute der Museumsgesellschaft) unter Leitung von Steffi Kollmus wieder auf die Beine gestellt hatten.

Ein gedichteter Flohmarkt-Song

"Humpis ahoi!" – Dieser und andere altvertraute närrische Schlachtrufe klappten auf Anhieb. Und die beiden Musikanten Rosi und Gerhard Wirthensohn hatten auch keine Probleme, die quietschfidele närrische Bagage zum Mitsingen anzustiften. Zusätzlich zum Basisprogramm der "Kitchen-Song-People", wie er sie in feinstem Denglisch apostrophierte, kündigte Bodo Rudolf, Vorsitzender der Museumsgesellschaft, zwei "illustre Gäste" an, nämlich die beiden Maulart-Kabarettisten Wolfgang "Henne" Engelberger (Ravensburg) und Siege Schock (Alttann). Der Henne legte furios los und sich in zwei extra zu seinem bekannten Flohmarkt-Song hinzugedichteten Versen doch tatsächlich mit dem mächtigen Wirtschaftsforum Pro Ravensburg (Wifo) an. Dem ist nämlich der Ravensburger Flohmarkt ein Dorn im Auge, weil "Umsatzgift" für die Geschäftswelt. Deshalb will das Wifo den Innenstadtflohmarkt weghaben. Aber das ist mit dem Henne nicht zu machen, auch nicht mit dem Publikum, wie donnernder Beifall bewies! Mit "Vollmond in Mochenwangen" glänzte wieder, wie schon in der Zehntscheuer, Siege Schock. Eine wirklich reife Liebesgeschichte!

Dann aber kam es knüppeldick. Als Bruder Gereon, stilecht im braunen Mönchsgewand, trat Bodo Rudolf, der Fastenprediger auf und schlug dem völlig perplexen Publikum wohlgereimt und in deftigem Schwäbisch seine Sünden um die Ohren. Wie ein Hammer sauste der Refrain auf die schuldbewusst gesenkten Häupter herab: "Wenn oiner moint, er soll verrecken, er sei koi Sünder, der soll strecken..."

Natürlich hob sich keine einzige Hand. Man fühlte sich bei dieser sehr gelungenen Darbietung an den Bruder Barnabas beim "Derblecken" in München auf dem Nockherberg erinnert. Im Singspiel der Küchenliederleute (Text: Maria Ballarin) traten erstmals Nachfolgerinnen der drei legendären Alage-Dädde der Milka auf und die Großkopfeten im Rathaus bekamen ihr Fett ab. Technisches Rathaus, viel zu weit ab im Deisenfang gelegen, Varadžiner Garten mit schönen alten Bäumen, die der Gänsbühl-Erweiterung weichen sollen, Räuberhöhle, Kunstmuseum, Finanz-Desaster – alles wurde durchgehechelt. Von Wallfahrt, ja Demo war die Rede. Was braut sich da im närrischen Volk zusammen?

Mit dabei: die Lichtputzscher

Fein, wie der Henne schließlich wieder einmal die Unterschiede zwischen Schwaben und Berlinern herausarbeitete, um dann mit einem neuen Beitrag zu beglücken, einem typischen Engelberger, dem "Who is who". Hatte doch ein Blättchen ein Ranking – so sagt man ja heute – der wichtigsten Persönlichkeiten von Ravensburg und Weingarten veröffentlicht. Darin fieselte der Henne nun genüsslich herum – und stellte prompt fest, dass der Engler auf Platz 26 landete, der Schuler aber erst auf Platz 32. "Humpis – ahoi!" Die traditionelle Lichtputzscher durfte bei der Humpisfasnet natürlich auch nicht fehlen. Und nachdem Siege Schock, erneut "Nacket am Frauentor" gesungen hatte, begleitet von seinem Kumpel Wolfgang Engelberger, meinte Bodo Rudolf beeindruckt, der Song habe das Potenzial, zum Ravensburg-Klassiker zu werden. Vielleicht sollte ihn Rainer Weishaupt in der "Schwäbischen" Zeitung auch mal in eine Karikatur umsetzen.


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